Nun ist also schon ein Monat in Indien vergangen und wir sehen unser Umfeld schon mit ganz anderen Augen. Man lebt sich langsam ein. Man weiß jetzt, in welchem Supermarkt man Waschmittel oder Shampoo kaufen kann, was die beste Tageszeit ist um seine Wäsche zu waschen oder mit welchem Bus man in die nächste Stadt fahren kann.
Somit haben wir uns an vieles schon gewöhnt. Sowohl der
erschreckende Verkehr als auch die alltägliche Hitze sind bereits gängige
Praxis geworden. Manchmal suchen wir zwar noch verzweifelt nach einem
Sicherheitsgurt, doch ernüchternd müssen wir uns bei Tempo 80 und fragwürdigen
Überholmanövern eingestehen, dass wir unser Vertrauen blind in den Fahrer
setzten sollten und nicht auf unseren Verstand- „No problem, he is a good
driver“
Doch große Hindernisse sind auch noch zu überwinden. So
treibt uns das scharfe Essen immer noch so manche Tränen in die Augen und der
Stromausfall erfolgt auch immer dann, wenn wir dessen gerade so nötig bedürfen.
Eine Waschmaschine vermissen wir jetzt schon... |
Auch wissen wir jetzt, dass man in Indien ca. drei Wochen
einplanen sollte um seine polizeiliche Registrierung abzuschließen und es auch
ganz normal ist zwei Stunden bei der Polizei zu warten, um doch mit nichts außer
enttäuschten Gesichtern wieder nachhause geschickt zu werden- „No problem, we come again tomorrow“
Die polizeiliche Registrierung erforderte von uns viel Kraft
und auch wenn wir in manchen Situationen liebend gerne unsere Köpfe gegen die
Wand schlagen wollten, so hat uns dies doch gezeigt, dass man in Indien viel
Zeit einplanen und man niemals die Geduld verlieren sollte!
Unsere Mädchen des Clare Bhavans kennen wir, nach einem
harten Crashkurs, auch schon alle beim Namen. Mit ihnen verbringen wir eine
schöne Zeit. Bis spät in den Abend basteln, spielen, tanzen und albern wir mit
ihnen rum.
Leider konnten in letzter Zeit vor allem die älteren Mädchen
immer seltener dabei sein, da die großen Prüfungen vor den Herbstferien
bevorstanden und viele Schüler im Lernstress waren. Seit einer Woche sind nun
Ferien und die Mädchen verbringen diese, befreit vom Schulstress, bei ihren
Familien zuhause, sodass das Good Shepherd ein sehr ruhiger Ort geworden ist.
Mal-und Bastelstunde |
"Say Hiiii!" |
Unsere vierte Woche im GSHEC können wir leider als nicht
sehr erfreulich bezeichnen.
Es fing damit an, dass erst ich, Ana, mit schlimmen
Magenproblemen im Bett lag und nach zwei Tagen schließlich Teresa, aufgrund
hohen Fiebers, Bettruhe verordnet wurde. Mir ging es nach einem Tag zwar wieder
gut, doch Teresas Gesundheitszustand schien sich nicht zu bessern, sodass sie
letzten Sonntag schließlich in das örtliche Krankenhaus von Karamadai gebracht
wurde.
Es wurde Typhus diagnostiziert, doch glücklicherweise wurde sie in
Deutschland bereits dagegen geimpft, wodurch sie nur „leicht“ erkrankt war- „No
problem, she will be fine tonight“
Nach zwei Nächten und vielen Telefonaten nach Deutschland
durfte sie wieder ins GSHEC zurück. Derweilen liegt sie gelangweilt im Bett und
wird von den Sisters und mir versorgt.
Seit diesem Ereignis wissen wir, dass
wir auf unsere Ernährung in Indien mehr als üblich acht geben sollten und kein
schlechtes Vertrauen gegenüber dem indischen Gesundheitssystem hegen sollten,
auch wenn sich indische Krankenhäuser sich von deutschen deutlich
unterscheiden.
In diesem Sinne bedanken wir uns herzlich sowohl bei den
Krankenschwestern des „Subbu Hospitals“ als auch bei den Sisters, die sich Tag
und Nacht liebevoll um Teresa gekümmert haben!
Während Teresa im Krankenhaus lag, war es nun meine Aufgabe
eine Präsentation über die Millenniumsziele (Millennium Development Goals) der UN zu verfassen, um diese vor
80 Schülern einer internationalen Schule vorzutragen. Diese Schüler kamen aus
allen Teilen der Welt, von Korea über Deutschland bis USA, und sie besichtigten
unser Projekt um einen Einblick in soziale Entwicklungshilfe zu bekommen.
Zusammen mit einigen Büromitarbeitern von GSHEC und den Lehrern der Schüler
aßen wir zusammen und besichtigten noch einige Dörfer.
Es bereitete mir große Freude, so viele junge Menschen aus
verschiedenen Nationen kennen gelernt zu haben und mich mit ihnen über unsere
indischen Erlebnisse auszutauschen.
Die vollbesetzte Memorial Hall |
Ana beim präsentieren der MDGs |
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass unsere ersten vier
Wochen in Indien ihre Höhen und Tiefen mit sich brachten. Wir haben gelernt, dass es
manchmal auch von Vorteil sein kann in schwierigen Situationen alles von der
„No problem“-Seite zu betrachten aber dass es auch viel Zeit und Geduld
erfordert diese, in unseren Augen manchmal, indische Floskel Ernst zu nehmen.
Neue Bekanntschaften, Eindrücke und Erlebnisse duften wir
erfahren und das Schöne an Indien ist, dass jeder weitere Tag etwas Neues und
Unerwartetes für uns bereit hält und wir deshalb gespannt auf den kommenden
Monat blicken.